Trauer im Rennsport: Ehemaliger Formel-1-Fahrer Jochen Mass verstorben
Von Martin Moravec
Cannes (Frankreich) – Am heutigen Sonntag verstarb der ehemalige Rennfahrer Jochen Mass im Alter von 78 Jahren im Beisein seiner Familie in Cannes. Mass hatte im Februar einen Schlaganfall erlitten, wie seine Angehörigen der Deutschen Presse-Agentur bestätigten. Er hinterlässt seine Ehefrau Bettina, vier Kinder sowie fünf Enkelkinder.
Jochen Mass hegte eine besondere Leidenschaft für das Meer. „Schiffe bedeuten mir viel, sie haben eine eigene Seele“, erklärte der frühere Formel-1-Pilot einst. Ursprünglich hatte er geplant, Kapitän zu werden.
„Allerdings hatte ich ein idealisiertes Bild vom Leben auf See“, gestand er später ein. Obwohl sein Großvater Kapitän war, begann Mass seine Karriere zunächst als Matrose bei der Handelsmarine.
Der Einstieg in den Motorsport gelang ihm nach einer Ausbildung zum Mechaniker. In seiner Laufbahn nahm der gebürtige Dorfener bei München an 105 Formel-1-Rennen teil, errang acht Podestplätze und konnte sogar einen Sieg feiern. Sein einziger Triumph in der Königsklasse stand jedoch im Schatten eines schweren Unglücks.
Im April 1975 verlor Rolf Stommelen auf dem Stadtkurs in Montjuic, Barcelona, mit seinem Hill-Fahrzeug die Kontrolle und krachte in die Zuschauermenge. Dabei kamen mehrere Menschen ums Leben – eine Phase, die als äußerst gefährlich im Motorsport galt.
„Es mag seltsam klingen, doch das Risiko gehörte für einen Rennfahrer einfach dazu. Man ging die Gefahren bewusst ein, weil man es so wollte“, sagte Mass, der 1989 gemeinsam mit Manuel Reuter und Stanley Dickens in einem Sauber-Mercedes das Langstreckenrennen von Le Mans gewinnen konnte.
„Ich sehe das Risiko nicht ausschließlich negativ. Das Bewusstsein für die Gefahr ermöglichte es erst, gewisse Herausforderungen anzunehmen.“
Der Tod von Gilles Villeneuve beschäftigte Mass lange Zeit. Der Kanadier kam im Mai 1982 bei einem schweren Unfall in Zolder, Belgien, ums Leben. Mass, der als March-Pilot vor Villeneuve unterwegs war, wollte diesem Platz machen, geriet dabei jedoch auf die Fahrspur, auf der Villeneuve gerade vorbeizog. Villeneuve kollidierte, überschlug sich mit seinem Ferrari und wurde aus dem Fahrzeug geschleudert.
„Ich war mir sicher, dass ich nicht wirklich Schuld trug, weil er ein übermäßiges Risiko einging“, erklärte Mass, der wenige Jahre zuvor in Le Castellet selbst einen ähnlichen Unfall überstanden hatte. Auch lange nach dem Ereignis fragte sich der ehemalige McLaren-Pilot: „Warum habe ich das alles überlebt?“ Die Kollision mit Villeneuve war einer der Gründe für seinen baldigen Rückzug aus der Formel 1.
Nach seiner aktiven Zeit verfolgte Mass die Formel 1 mit „kritischem Interesse“ und stand auch als Berater zur Verfügung. So riet er Michael Schumacher 1996, nicht zum damals dominierenden Williams-Team zu wechseln, sondern zu Ferrari zu gehen. „Wenn du Ferrari wieder nach vorne bringst, wirst du in Italien zum König“, erinnerte sich Mass an diesen Rat.
Schon zuvor hatte er sein Know-how während gemeinsamer Einsätze im Mercedes-Sportwagen mit dem jungen Schumacher geteilt.
Erstmeldung um 21:59 Uhr. Update um 22:11 Uhr.